Nach mehr als 10 Jahren treffe ich Regula Walther in ihrem Atelier in Biel. Eigentlich ganz einfach zu finden und doch irgendwie nicht. Sie lebt mit ihrer Familie in einem "nur" schützenswerten Abbruchhaus mit einem idyllischen Garten. Bald soll hier alles dem Boden gleich gemacht werden und einer zweispurigen Autobahn weichen…

Das mit Sonnenlicht durchflutete Atelier hat sie im, vor vielen Jahren, angebauten Teil eingerichtet. Es stehen viele grossformatige Bilder an der Wand und ich versuche mir vorzustellen wie sie denn aussehen. Da wir uns lange nicht gesehen haben brauchen wir etwas Zeit bis wir wieder à jour sind. Sie ist mitten in den Vorbereitungen für ihre nächste Ausstellung im Juni und schichtet und schüttet mit Tusche, manchmal Pigmenten und Acryl weitere Bilder für die Ausstellung. "Schichtungen und Schüttungen" heisst die Serie, die sie ausstellen wird. Wir haben die Vorbereitungen zur Ausstellung zum Anlass genommen und uns in ihrem Atelier zu treffen – sie braucht noch einen Pressetext über sich und ihre Arbeiten. Sie hat gesehen, dass ich neu Co-Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft bildender Künstlerinnen der Sektion Bern/Romandie bin und mich gebeten diesen Text über sie und ihre Arbeiten zu schreiben.

Damit es etwas einfacher wird mir etwas unter "Schichtungen und Schüttungen" vorzustellen zeigt sie mir die fertigen und zum Teil fast fertigen Bilder. Sie erzählt mir über den Aufbau der Bilder, über den Prozess der Schichtungen bis sie den Eindruck hat, dass sie perfekt sind. Sie muss es kontrollieren können. Und doch braucht sie auch die Spontanität, das Unkontrollierte. Deshalb wohl gibt es auch die "geschütteten Bilder" – ein Versuch die Kontrolle gehen zu lassen. Oft braucht kombiniert sie das Kontrollierbare und das einfach geschehen lassen. Sie hat das Herstellen der Leinwände und das Grundieren zum Ritual gemacht. Eigentlich ist es aber die Kontrolle über die Strichrichtung und das Wirken der nächsten Farbschichten. In den Bildern spürt man den inneren Prozess – die innere Klärung.